Dokumentation des Webinars "An den Grenzen der Demokratie: Flucht, Migration und Staatenlosigkeit"
Moderation:
- Ramona Lenz (medico international)
- Cornelia Füllkrug-Weitzel
Referent:innen (erste Einheit zum Thema Staatenlosigkeit):
- Christiana Bukalo (Statefree)
- Amal de Chickera (Institute on Statelessness and Inclusion)
Referent:innen (zweite Einheit zum Thema Europäisches Grenzregime):
- Abdul Ghafoor (Afghanistan Migrants Advice and Support Organisation)
- Reshad Jalali (European Council on Refugees and Exiles)
- Doro Blancke (Aktivistin für die Rechte von Geflüchteten, derzeit auf Lesbos, Griechenland)
- Katarzyna Czarnota (Grupa Granica, Helsinki Foundation for Human Rights)
Das Webinar findet im Rahmen der Global Assembly statt und wird von der Bundeszentrale für politische Bildung gefördert. Es wurde von Abdul Ghafoor, Amal de Chickera, Christiana Bukalo, Cornelia Füllkrug-Weitzel, Nathanael Räuschel, Ramona Lenz und Sidonia Blättler vorbereitet. Der Workshop befasst sich mit dem Ausschluss von demokratischer Teilhabe und anderen Rechtsverletzungen, die staatenlose Menschen sowie Geflüchtete und Migrant:innen auf unterschiedliche Weise erleben.
Einleitung:
Ramona Lenz stellt einleitend fest, dass staatenlos oder geflüchtet zu sein das traditionelle Modell von Nationalstaaten und Staatsbürgerschaft in Frage stellt. Graswurzelbewegungen in Europa stellen sich seit einiger Zeit gegen dieses Modell, protestieren gegen Grenzgewalt und setzen sich für grundlegende Rechte für alle ein, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus und ohne Abschiebungen befürchten zu müssen. Das Webinar zielt darauf ab, die Auswirkungen von Staatenlosigkeit und der Entrechtung von Geflüchteten aufzuzeigen. Es betont den Widerspruch zur Idee der Universalität der Menschenrechte sowie die Notwendigkeit neuer Konzepte von Staatsbürgerschaft, die auf diasporischen Erfahrungen beruhen. Dies gelte zurzeit umso mehr, da rechte Bewegungen vermehrt ihre Vorstellungen von der Reinheit der Nation festigen möchten und eine weitere Brutalisierung des Grenzregimes fordern. Die erste Einheit des Workshops befasst sich mit der Frage, wie staatenlose Menschen von Demokratie und Grundrechten ausgeschlossen werden, während sich die zweite Einheit dem europäischen Grenzregime widmet. Abschließend denken die Diskussionsteilnehmer:innen über Strategien zur Bekämpfung der Entrechtung nach und definieren offene Punkte, die weiter diskutiert werden sollen.
Staatenlosigkeit und Demokratie:
Christiana Bukalo berichtet zunächst von ihren persönlichen Erfahrungen als staatenlose Person und beschreibt die Auswirkungen von Staatenlosigkeit auf Identität, demokratische Teilhabe und gesellschaftliche Wahrnehmung. Sie stellt ihre Organisation Statefree vor, die sich für community-building, gleiche Rechte und mehr Sichtbarkeit für Staatenlose einsetzt. Ihr Beitrag befasst sich mit der von den Vereinten Nationen definierten Bedeutung von Staatenlosigkeit, der Abhängigkeit staatenloser Menschen von Nationalstaaten beim Ersuchen einer Staatsbürgerschaft und der Einforderung von Rechten, dem globalen Ausmaß des Problems, den unterschiedlichen Ursachen dafür und den sich daraus ergebenden Einschränkungen grundlegender Menschenrechte. Christiana hebt hervor, dass eine stärkere Sensibilisierung, öffentlicher Druck und die Einbeziehung staatenloser Personen in die Bemühungen für Veränderung notwendig sind. Sie betont die doppelte Zielsetzung, gleichzeitig das Recht auf Staatsangehörigkeit für alle zu verwirklichen und die Grundrechte staatenloser Menschen zu gewährleisten, und schlägt vor, dass sich diese Ziele gegenseitig ergänzen sollten. Die Präsentation schließt mit einer Forderung nach Stärkung staatenloser Menschen als Akteur:innen des Wandels durch community-building, mehr Sichtbarkeit und Auseinandersetzung mit zugrundeliegenden Strukturen.
Demokratie und Staatenlosigkeit:
Amal de Chickera erörtert die Beziehung zwischen Demokratie und Staatenlosigkeit und hebt hervor, dass die Existenz von Staatenlosigkeit sowohl schädlich für die Demokratie ist als auch ein guter Gradmesser für ihren Zustand bzw. ihre „Gesundheit“ sein kann. Er betont, dass Staatenlosigkeit oft aus tieferliegenden Diskriminierungen resultiert und von Staaten als Waffe eingesetzt wird, um bestimmte Gruppen zu unterdrücken. Die Verweigerung der Staatsbürgerschaft wird als ein mächtiges Instrument in den Händen autoritärer, aber auch demokratischer Staaten angesehen, das Ausgrenzung und die Verweigerung von Rechten ermöglicht. Amal stellt eine Verbindung zwischen dem Problem der Staatenlosigkeit und der weltweiten Aushöhlung der Demokratie her und betont die wachsende Kluft zwischen der Bevölkerung und ihren Repräsentant:innen. Er stellt zwei Schlüsselfragen: Wie lässt sich die demokratische Teilhabe staatenloser Menschen innerhalb der bestehenden Strukturen verbessern und wie können Demokratien langfristig integrativer gestaltet werden? Amal schlägt vor, sich bei der Frage der politischen Teilhabe nicht mehr auf den Status, sondern auf den (Aufenthalts-)Ort zu konzentrieren, damit Demokratien ihrer ursprünglichen Idee gerecht werden. Der Vortrag schließt mit einem Plädoyer für Strategien, die staatenlose Menschen zu Akteur:innen der Veränderung machen, und für eine Neukonzipierung der Demokratie, die den Anreiz für Staaten minimiert, Menschen in die Staatenlosigkeit zu drängen.
Frage- und Antwortteil:
Patricia vom European Network on Statelessness wirft die Frage auf, wie man Staaten davon überzeugen kann, staatenlosen Menschen die Teilnahme an der Demokratie zu ermöglichen. Amal betont, wie wichtig es ist, allen Menschen in einem Land das Wahlrecht sowie das Recht auf politische Teilhabe zu gewähren. Er unterstreicht das Argument für die Stärkung der Demokratie durch eine Anerkennung von statehood, die über die Idee der Nationalität hinausgeht. Er verweist auf Gemeinden wie New York City, die unabhängig von der Staatsangehörigkeit Personalausweise ausstellen, als Beispiele dafür, dass der Ort über den Status gestellt werden kann. Amal räumt zwar ein, dass es nur langsam gelingt, die politischen Entscheidungsträger:innen zu überzeugen, unterstreicht aber, wie wichtig es ist, auf Veränderungen zu drängen, um integrativere Demokratien zu schaffen. Christiana schlägt vor, dass parallel zum Einsatz für das Wahlrecht auch andere Möglichkeiten für staatenlose Menschen geschaffen werden sollten, sich an politischen Prozessen zu beteiligen.
Kerem Schamberger von medico international bringt die Situation des kurdischen Volkes und dessen Staatenlosigkeit zur Sprache. Er beschreibt den Versuch der Kurd:innen, ein Gegenmodell zu entwickeln, das das Konzept des Nationalstaates in Frage stellt und ein neues Konzept von Demokratie ohne nationale Grenzen vorschlägt. Amal erkennt die Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts der Völker bei der Bekämpfung der Staatenlosigkeit an und weist darauf hin, dass die Verweigerung des Selbstbestimmungsrechts für bestimmte Gruppen häufig zu Staatenlosigkeit führt. Er unterstreicht die Notwendigkeit, das nationalstaatliche System in Frage zu stellen, wobei er die Komplexität eines solchen Wandels anerkennt. Amal ruft hierfür gleichzeitig zu radikalerem Denken sowie zu einem gewissen Pragmatismus auf. Christiana fügt hinzu, dass es einen großen Widerspruch zwischen der Universalität von Rechten einerseits und dem Konzept des Nationalstaats andererseits gibt. Auch wenn es wichtig ist, Nationalstaaten in Frage zu stellen, ist es ebenso wichtig, die unmittelbaren Bedürfnisse staatenloser Menschen zu berücksichtigen, zum Beispiel von Kurd:innen, die in Deutschland aufgrund fehlender Papiere in Schwierigkeiten geraten.
Europäisches Grenzregime:
Die zweite Einheit des Webinars konzentriert sich auf den zwar durchaus anders gearteten, aber doch mit dem ersten Thema verbundenen Komplex Flucht, Migration und europäisches Grenzregime. Abdul Ghafoor führt kurz in diesen Block ein und beruft sich dabei auf seine Erfahrungen in der Arbeit mit Geflüchteten in Afghanistan und Deutschland sowie als Geflüchteter selbst. Er weist auf die erschreckende Brutalisierung der europäischen Migrationspolitik hin, auf die Gefahren, denen Geflüchtete auf ihrem Weg nach Europa ausgesetzt sind, und auf die schrecklichen Misshandlungen, die sie an den Grenzen erfahren.
Rishad Jalali hält die erste Präsentation des zweiten Teils über das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS), seine aktuellen Reformen und die Externalisierungsstrategien der Europäischen Union (EU). Er erörtert die historische Rolle Europas bei der Gewährung von Asyl, weist aber auch auf die jüngsten Trends hin, die zu verstärkten Restriktionen an den Grenzen und zur Externalisierung der Migration in Drittländer führen. Im Hinblick auf die Reform des GEAS weist er auf die Herausforderungen bei den Verhandlungen hin und äußert seine Besorgnis über die teilweise Abschaffung des Asylrechts. Rishad kritisiert, dass der Schwerpunkt eher auf weiteren Beschränkungen als auf der Umsetzung der bestehenden Vorschriften liegt. Er übt direkte Kritik an der Strategie der EU, die Verantwortung auf Drittländer abzuwälzen, und weist auf die mangelnde Transparenz und die negativen Auswirkungen für Asylsuchende hin.
Doro Blancke berichtet über die brutale Pushback-Politik an den europäischen Außengrenzen und betont, dass dies einen anhaltenden Völkerrechtsbruch und traumatische Erfahrungen für Geflüchtete darstellt. Zudem beschreibt sie die gesellschaftliche Rechtsverschiebung als Folge dieser Politik. Sie berichtet von den katastrophalen Bedingungen im Lager auf Lesbos und schildert die Herausforderungen für Geflüchtete und humanitäre Helfer:innen. Doro erörtert die Bemühungen lokaler und internationaler Organisationen zur Bekämpfung von Pushbacks und anderen Rechtsverletzungen und betont in diesem Kontext die Zusammenarbeit zwischen NGOs. Abdul und Doro gehen außerdem auf die Auswirkungen von Pushbacks auf afghanische Geflüchtete ein, die versuchen, von der Türkei aus nach Griechenland zu gelangen. Sie betonen die Angst und das Trauma, mit denen die in die Türkei zurückgeschickten Menschen konfrontiert sind, sowie die Risiken, denen sie in ihrem von den Taliban kontrollierten Herkunftsland ausgesetzt sind. Außerdem beschäftigen sich Doro und Abdul mit den harten rechtlichen Konsequenzen, denen Aktivist:innen und die Geflüchteten selbst ausgesetzt sind, insbesondere nach falschen Bezichtigungen des Schmuggels bzw. Menschenhandels.
Im letzten Teil der zweiten Einheit stellt Katarzyna Czarnota die Situation an der polnisch-belarussischen Grenze vor, wobei sie die Militarisierung des Grenzgebiets anspricht und die zugrundeliegenden systemischen Probleme hervorhebt, darunter die Normalisierung staatlicher Gewalt und die Kriminalisierung humanitärer Hilfe. Sie erwähnt die Verhängung des Ausnahmezustands, der zu Zurückschiebungen, illegalen Ausweisungen und anderen Rechtsverletzungen führt. Katarzyna fordert einen Wechsel von einem sicherheitsorientierten zu einem humanitären Ansatz und plädiert für unabhängige Untersuchungen und sozialen Druck. Abdul fragt nach potenziellen Veränderungen in der polnischen Migrationspolitik nach den letzten Wahlen. Katarzyna äußert sich diesbezüglich skeptisch und verweist auf den fortgesetzten Versicherheitlichungsdiskurs und die Notwendigkeit eines Bewusstseinswandels, um echte Veränderungen zu erreichen.
Schlussfolgerung & Diskussion:
Cornelia fasst das Webinar zusammen und konzentriert sich dabei auf das konzeptionelle Problem, dass Demokratien dem Rechtsstatus (Staatsangehörigkeit) gegenüber dem Ort (Wohnsitz) als Voraussetzung für die politische Beteiligung den Vorrang geben. Dies führt dazu, dass staatenlose Personen, Geflüchtete und Migrant:innen von demokratischen Prozessen ausgeschlossen werden, was wiederum zu einer Entrechtung führt und zu Autoritarismus beiträgt. Folgende Themen werden anschließend näher diskutiert: Die Ermittlung von gemeinsamen Ursachen von Staatenlosigkeit und der Entrechtung von Geflüchteten und Migrant:innen sowie deren wichtigsten Auswirkungen, die Erörterung möglicher Gegenmaßnahmen und praktischer Möglichkeiten zur Erleichterung der Teilhabe und zur Überbrückung der Kluft zwischen Entscheidungsträger:innen und betroffenen Personen.
Amal spricht über die bedeutende Rolle, die Grenzen für der Erfahrungen von sowohl staatenlosen Menschen, Migrant:innen als auch Geflüchteten spielen, wenn auch auf unterschiedliche Art und Weise. Er wirft die Frage auf, wie Grenzen unsere Erfahrung von Demokratie prägen und wie Demokratien Grenzen gewaltsam nutzen, um Menschen vom Zugang zu diesen Demokratien auszuschließen. Abdul Ghafoor schließt daran an und hebt den Zusammenhang zwischen Staatenlosigkeit und Migration hervor. Er weist auf Fälle hin, in denen Menschen sich aufgrund der Probleme in ihren Herkunftsländern für staatenlos erklärten. Er geht auch auf die Auswirkungen des Rechtsrucks auf die Migrationspolitik ein, die zu strengeren Vorschriften und schnelleren Abschiebungen führt. Katarzyna unterstreicht die Rolle des Neoliberalismus und stellt einen Zusammenhang zwischen erzwungener Migration und kapitalistischer Ausbeutung her. Sie betont, dass diese Probleme Folgen eines krisenhaften Kapitalismus und geopolitischer Spaltungen sind. Christiana stimmt den von Katarzyna angesprochenen Punkten zu und fügt hinzu, dass das strukturelle Machtungleichgewicht zwischen dem Staat und dem Individuum zu Diskriminierung und mangelndem Schutz beiträgt. Amal erörtert Diskriminierung als eine der grundlegenden Ursachen und verweist auf Rassismus und Patriarchat als gesellschaftliche Verhältnisse, die zu Staatenlosigkeit und erzwungener Migration beitragen. Auch das Demokratiedefizit an sich ist eine Ursache, so Amal. Er betont die Notwendigkeit, den Themenkomplex Staatenlosigkeit, Flucht und Migration mit allgemeineren Themen zu verbinden, die in der Global Assembly diskutiert werden, wie zum Beispiel Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, grundlegende Ungleichheiten und Diskriminierung. Abdul erörtert am Beispiel Afghanistans, dass nicht in erster Linie Gewalt, sondern vor allem Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Minderheit zu erzwungener Migration führt. Anschließend sprechen die Diskussionsteilnehmer:innen über die Normalisierung von Grenzgewalt und grenzbedingten Todesfällen sowie den großen Widerspruch zwischen der Idee der Menschenrechte für alle und der Realität, in der staatenlose Personen und Migrant:innen von dieser „universellen“ Idee ausgeschlossen werden. Das Gespräch unterstreicht die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Verständnisses der grundlegenden Ursachen von Staatenlosigkeit und erzwungener Migration, um die damit einhergehenden Herausforderungen wirksam anzugehen.
In der anschließenden Diskussion dreht sich das Gespräch um Lobbyarbeit und die notwendigen politischen Veränderungen auf EU-, deutscher und globaler Ebene. Katarzyna betont, wie wichtig es ist, die Kluft zwischen politischen Entscheidungsträger:innen und der Realität staatenloser und migrantischer Bevölkerungsgruppen zu überbrücken. Sie schlägt vor, die negativen Folgen der derzeitigen Politik zu definieren und hervorzuheben, insbesondere die negativen Auswirkungen der Militarisierung und anderer gewaltvoller Praktiken an den europäischen Außengrenzen. Katarzyna unterstreicht auch die Notwendigkeit, das Thema als eine systemische Krise der EU zu betrachten und zu zeigen, dass es für alle Bürger:innen relevant ist, nicht nur für diejenigen, die in Grenznähe leben. Christiana betont, wie wichtig die direkte Interaktion zwischen Betroffenen und Politiker:innen ist, um Verständnis zu fördern, jedoch auf eine Art und Weise, die eine Instrumentalisierung der Betroffenen vermeidet. Sie unterstreicht die Rolle von öffentlichem Druck, Bewusstseinsbildung und umfassender Lobbyarbeit, die die Intersektionalität der Probleme von Migrant:innen, Geflüchteten und staatenlosen Personen anerkennt. Amal führt ein Beispiel aus Großbritannien an, das sich auf das dortige Gesetz zur mehrfachen Staatbürgerschaft bezieht. Er betont, wie effektiv es war, das Thema mit einem breiten Teil der Bevölkerung in direkte Verbindung zu bringen, indem man aufzeigte, dass eine beträchtliche Anzahl von Bürger:innen von einem potenziellen Entzug der Staatsbürgerschaft bedroht gewesen wäre.
Im folgenden Abschnitt stellt sich die Frage nach der Möglichkeit von Solidaritätsnetzwerken und der Zusammenarbeit zwischen Bewegungen. Christiana weist zunächst auf die begrenzten, u.a. finanziellen, Kapazitäten der zivilgesellschaftlichen Organisationen in diesem Bereich hin. Sie unterstreicht die Notwendigkeit, niedrigschwellig zu beginnen, bestehende Überschneidungen zu analysieren und erste kleine Schritte der Zusammenarbeit zu unternehmen. Zudem sollten zivilgesellschaftliche Akteur:innen stets die ihrer Arbeit zugrundeliegenden Annahmen hinterfragen. Amal berichtet über die historisch schlechte Behandlung staatenloser Menschen und die Notwendigkeit eines Mentalitätswandels in der Art und Weise, wie Organisationen zusammenarbeiten und sich gegenseitig ergänzen. Sie müssen anerkennen, dass sie nicht nur den Geber:innen, sondern auch den betroffenen Gemeinschaften gegenüber rechenschaftspflichtig sind. Er stellt fest, dass Organisationen oft dazu neigen, ihre eigenen institutionellen Ziele in den Vordergrund zu stellen, was aber seiner Meinung nach oft nicht zielführend ist. Im Gegensatz dazu ist intersektionale Solidarität von entscheidender Bedeutung.
Die Diskussion schließt mit der Diskussion alternativer Modelle der Beteiligung. Christiana nennt Beispiele für interne Bildung und Dialog und betont, wie wichtig es ist, Wissen in den betroffenen Gemeinschaften aufzubauen und Räume für die direkte Interaktion mit Entscheidungsträger:innen zu schaffen. Katarzyna unterstreicht die Wichtigkeit von rechtlichen Instrumenten, die z.B. von Rechtsberatungsteams entwickelt wurden und die von den Betroffenen als Beweis- und Hilfsmittel genutzt werden können, insbesondere wenn Sprachbarrieren, Machtgefälle oder Klassendifferenzen bestehen. Amal spricht davon, dass die Gemeinden den Einwohner:innen unabhängig von ihrem rechtlichen Status Dokumente zur Verfügung stellen und so den Zugang zu Dienstleistungen und Kommunalwahlen ermöglichen sollten. Er betont außerdem, dass ein Weg gefunden werden muss, um einerseits spezifische Themen von Staatenlosen oder Geflüchteten ansprechen zu können und diese nicht als Nischenprobleme zu marginalisieren und andererseits eine Botschaft zu vermitteln, die alle ausgegrenzten Gruppen umfasst. Diese Themen müssen als zentral und als echte Probleme für die Demokratie dargestellt werden.